News-Reader Biofleisch
von Edith Götz

Thomas Voß über nachhaltige Ernährung im Klinikbereich

EMAS Zertifizierung bereits 1999

Voß: Angefangen mit Biofleisch haben wir letzendlich vor dreizehn Jahren, also 2010. Mit der Umstellung unserer Küche sogar vor fast zwanzig Jahren also Ende 2003 haben wir angefangen, unsere Speiseversorgung komplett zu verändern. Tatsächlich sind wir in Münster schon seit dem 1999 nach dem europäischen Umweltmanagement System EMAS „Eco Management and Audit Scheme“ validiert, das weltweit anspruchsvollste Umweltmanagement, das auch die ISO 14001 umfasst. Wenn man sich im Krankenhaus mit diesem Thema auseinandersetzt, ist man relativ schnell ander Stelle wo man sagt: unser Speisenangebot hat einen hohen Impact was das Thema Umwelt angeht - CO2-Bealstung, Düngemittel, Abholzung von Regenwäldern und so weiter.

 



Ausschnitte Interview (Youtube)

Thomas Voss über Kostenstrukturen bei der Ernährung im Klinikbereich

Thomas Voss über Förderprogramme als Anschubhilfe

Thomas Voss über CO2 Bilanz



Neuaufstellung im Ernährungsbereich seit 2003

Wir haben uns dann 2003 entschieden, uns komplett neu aufzustellen, nach weg von Convenience und High Convenience hin zu möglichst frischen Produkten. Haben uns dann 2004 uns das EU-Biosiegel gegönnt, um das auch ausloben zu können und haben seit der Zeit wirklich sukzessive umgestellt und sind mittlerweile mit einer völlig anderen Küche unterwegs. Wir haben wie gesagt begonnen mit pflanzlichen Produkten - die Kartoffeln, Möhren ausgetauscht, und irgendwann kamen dann die Gewürze dazu, haben 2010 zunächst pflanzliche Produkte umgestellt.

Euregioprojekt zu MRSA Keimen als Anstoß für komplette Umstellung im Schweinefleischbereich in 2009

Dann haben wir 2009 bis 2012 an einem deutsch- niederländischen Euregio Projekt der Universitätsklinik Münster, der Uniklinik in Enschede der Landwirtschaftskammer und etlichen Krankenhäusern teilgenommen. In diesem Projekt ging es um die Eindämmung von MRSA-Keimen, mulitiresisitente Erreger, die im Krankenhaus große Sorgen bereiten. Im Rahmen dieses Projektes kam zutage, dass insbesondere konventionelle Schweinmastbetriebe und Geflügelbetriebe in der Regel hochbelastet sind mit MRSA. Menschen die aus dem konventionellen Mastbereich kommen, sind in der Regel schon mit MRSA besiedelt - also für uns eher Risikopatienten. An dem Punkt haben wir gesagt, wenn wir zur Eindämmung von MRSA beitragen wollen, müssen wir uns entscheiden, im Fleischbereich anders vorzugehen. Es war völlig klar - Umstellung auf 100% Prozent Bio. An dem Punkt haben wir 2010 entschieden, unser Schweinefleischangebot von konventionellem Fleisch auf 100% Bio-Schweinefleisch umzustellen.

Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern

Dahlmann: Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Landwirten und Lieferanten?

Voß: 2010 war mit der Umstellung unseres Schweinefleischangebots von konventionell auf 100% Bio war auch die Entscheidung verbunden, wir hätten gerne unser Bio-Schweinefleisch eben nicht vom Grossisten, sondern würden gerne mit einem Erzeuger, Erzeugergemeinschaft zusammenarbeiten. Daraus hat sich ja die gute Kooperation mit Biofleisch NRW entwickelt. 

Dahlmann: Sie sagen, Sie setzen eher Schweinefleisch ein. Geflügel und Rind vielleicht wegen des Preisgefüges nicht?

Voß: Biofleisch ist zwangsläufig etwas teurer als konventionelles Fleisch, das ist ja auch gut begründet und begründbar wegen der hohen Qualität. Wir haben vor über zehn Jahre z.B. Putenfleisch vollkommen ausgelistet, weil die Beschaffung schwierig ist. Mittlerweile haben wir einen Erzeugerbetrieb, der uns Neuland-Puten von alten englischen, französischen Bronzeputenrassen liefert, allerdings ist relativ wenig Angebot in dem Segment da. Auch Hähnchenfleisch haben wir jetzt versuchsweise umgestellt auf Biofleisch. Bei Rind arbeiten wir jetzt auch mit einem Erzeugerbetrieb zusammen und machen mittlerweile Ganztierverwertung. Um dem Ganzen einen guten zu Rahmen geben, reduzieren wir den Fleischkonsum: also weniger Fleisch im Angebot dafür Hochwertiges.

Flexibles Eingehen auf individuelle Ernährungsbedürfnisse und -vorlieben

Götz: Wie ist es zum Beispiel im diätetischen Bereich? Wie wird auf die individuellen Ernährungsbedürfnisse und -präferenzen der Patienten eingegangen?

Voß: Wir haben eine Diätassistentin, mehrere Köche, die auch in Diät geschult sind, die wissen, was sie tun können und dürfen. Wir haben zusätzlich eine sehr qualifizierte Ernährungsberatung, Ökotrophologin, das klappt ausgesprochen gut. Die Küche hat sich mittlerweile so gut entwickelt, dass sie nicht nur sehr individuell auf Diäten eingeht, sondern auch auf Abneigungen, besondere Wünsche, bis hin zu vegetarisch/ vegan. Wir haben mittlerweile viele pflanzliche Gerichte im Angebot, aber eben nicht ausschließlich. Wir wollen, dass auch der Flexitarier satt wird. Wenn jemand rein pflanzlich essen will - herzlich gerne, aber es ist nicht unser Anspruch, jemanden dazu zu zwingen.

Dahlmann: Und die andere Seite, wenn jemand mehr Fleisch essen möchte?

Voss: Ja, das kann er natürlich machen: Nehmen wir mal den Tag mit dem Schweineschnitzel. Das ist gutes Bio-Fleisch. Er kann natürlich sagen: davon hätte ich gerne zwei Stück - aber das extra Stück Fleisch muss bezahlt werden. Wir haben natürlich mehrere Tage Fleischangebote. Aber so ein bisschen erinnert das an früher: am Sonntag gab es den guten Sonntagsbraten - in der Woche in der Regel nicht. Das muss auch gar nicht sein, wenn die anderen Gerichte „stimmen“! Und Sie wissen ja Herr Dahlmann, das Münsterland ist eine fleischlastige Region - wir hatten am Anfang der Umstellung schon auch Kritik von unseren Gästen: „kleinere Fleisch Portion“ - „Früher war das Schnitzel größer“ usw. - das hat sich aber total eingespielt. Heute redet keiner mehr davon, weil die Fleisch-Qualität einfach so gut ist und die Zubereitung stimmt. Positives Feedback von Patienten und Gästen.

Infos und Aufklärung für mehr Akzeptanz

Dahlmann: Also in der der Regel ist Kritik selten? Gibt es Feedback oder Rückmeldungen?

Voß: Ja. Zum Einen, wenn Sie Ihr Tablett zurückgeben liegt eine Kladde aus, in die man handschriftlich sofort eintragen kann, was gut oder nicht gut gefallen hat. Da sind fast alle Eintragungen sehr positiv. Mein Hauptindikator ist aber folgendes: der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist ja ein politischer Verband, wir haben auch ein Parlament und eine zentrale Beschwerdekommission für alle Einrichtungen des Psychatrieverbundes, an die sich jeder Patient wenden kann. Die meisten Beschwerden dort drehen sich um das Thema Essen - weil das nun mal jeder von uns beurteilen kann. Die Kliniken in Münster und Lengerich haben seit 2007 keine einzige Patientenbeschwerde mehr übers Essen gehabt. Das ist für mich ein Hauptindikator, dass es richtig ist, was wir tun, und dass es unserem Gast tatsächlich schmeckt.

Götz: Klären Sie auch über Ihr Ernährungskonzept auf? Gibt es eventuell Strategien, um die Akzeptanz nachhaltiger Ernährung bei Patienten und auch Mitarbeitenden zu erhöhen?

Voß: Ja, es gibt zum Beispiel unsere Broschüre: „Unser Verständnis von gutem Essen“. Darin unter anderem, dass wir uns im Fleischbereich anders aufgestellt haben, Bio Produkte mit in unserer Verpflegung haben - mittlerweile über 30 % finanzieller Anteil. Im Flur im Bereich wo der Gast zum Essen geht hängen im Rahmen viele Siegel und Auszeichnungen die wir bekommen haben. Wir haben dort auch einen Bildschirm, auf dem wir immer wieder Informationen transportieren.

Aktuell haben wir uns dazu entschieden, alle Gerichte auf unseren Speiseplänen mit dem Schweizer Tool Eternity mit einer CO2 Bilanz zu berechnen, und weisen Gerichte mit mindestens 40% weniger CO2 als ein Durchschnittsgericht als besonders klimaschonend aus. Und wo ich sehr überrascht war: ich war erstmal davon ausgegangen, dass „klimaschonend“ immer pflanzliche Gerichte sind. Das ist aber mitnichten so. Wir haben also auch Gerichte dabei, die ausgewiesen werden, wo durchaus Fleischanteile mit drin sind. Gerade im Biobereich zählen der fehlende Düngereinsatz, Kunstdüngereinsatz, die kurzen Lieferwege, und diese Dinge. Da sind also durchaus Gerichte mit Fleischanteil dabei, und trotzdem sind sie besonders klimaschonend. Das hat uns auch sehr gefreut.


Klimaschutz: den Gesamtkontext im Blick haben

Dahlmann: Ich fasse es einmal zusammen: Auslöser für Alternativen zu konventionellem Fleisch war zunächst die Euregio Studie, und für mich etwas ganz Naheliegendes - das große Problem der MRSA Keime. Aber nicht in erster Linie die Motivation, sich auch „nachhaltiger“ aufzustellen?

Voss: Das war der Haupttrigger, grundsätzlich Absicht war aber auch, uns „nachhaltiger“ aufzustellen. Deswegen haben wir umgestellt von der High Convenience auf frische Produkte. Wir haben ja fast 7 Jahre bei Fleisch gezögert, weil es doch deutlich teurer ist. Der Auslöser zu sagen, wir rücken damit nach, war: wenn wir glaubwürdig MRSA-Keime bekämpfen wollen, müssen wir den Fleischbereich auch umstellen. Aber bei den weiteren Umstellungen gehts tatsächlich um Klimaschutz, ad eins und ad zwei auch um das Thema Tierwohl. Ich habe mittlerweile viele Jahre konventionelle Mastbetriebe gesehen, ich habe Schlachthöfe gesehen und wir wollen möglichst keine Produkte mehr aus der konventioneller, industrieller Massentierhaltung haben.

Vertrauen als Basis der Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Dahlmann: Deshalb habe ich versucht, einen Bogen zu schlagen zum Thema Klimafreundlichkeit: Wir machen uns geamtgesellschaftlich immer mehr auf dem Weg, "Einzelparameter" herauszunehmen. Man kann dabei aber auch den Blick auf den Gesamtkontext verlieren. Sie haben es angesprochen: Für mich ist Rinderhaltung auch mit Weidehaltung etc. verbunden und ein Ausdruck von Biodiversität in dem Gesamtrahmen des landwirtschaftlichen Produzierens, deshalb ist es interessant, dass Sie mit solchen Rechnern arbeiten und sich dezidiert damit auseinander setzen, um eine Beurteilung zu bekommen. Bei Ihnen wird es als klimafreundlich ausgewiesen, wenn es 40% weniger CO2 als der Durchschnitt hat - und es ist ja klar - Sie müssen auch mit dem was sie tun werben!

Voss: Ja, das machen wir. Ich bin ein großer Freund von: „Tue Gutes und rede darüber“. Wir haben auch sofortg gesagt bei der Umstellung auf Bio: wenn wir es ausloben wollen, müssen wir uns zertifizieren lassen mit dem Bio-Siegel. Diese ganze Thematik hat viel mit Vertrauen zu tun. In der ganzen Zeit hat es immer wieder Lebensmittelskandale gegeben. Es ärgert mich immer massiv, wenn man liest: „Dioxin in Bio-Eiern“. Dioxin war genauso in konventionellen Eiern in ungleich größeren Mengen. Da wird nicht drüber geredet. Aber wenn durch das angebotene Futter Dioxin reinkommt, dann werden die Bio-Eier vorne ganz groß plakatiert und sowas ärgert mich.
Seit wir viel mit Bio arbeiten und das bekannt geben merken wir, dass unsere Gäste auch wirklich ein großes Vertrauen in das haben, was wir tun. Also all diese Dinge - nehmen wir das Beispiel mit den Dioxin Bio-Eiern - das ist bei uns überhaupt nicht diskutiert worden, weil alle wissen, wir kennen unsere Lieferanten. Wir haben auch eine kleine Broschüre gemacht -„Alles Bio oder was?“ in der wir unsere Lieferanten, mit denen wir eng zusammenarbeiten, vorstellen, damit man einen persönlichen Bezug hat, woher die Lebensmittel tatsächlich kommen.

Dahlmann: Okay, also das heißt letztendlich stehen Sie oder ihre Mitarbeitenden persönlich im Kontakt mit uns, man trifft sich auf Veranstaltungen, man kennt sich also mittlerweile, dadurch ist das Vertrauen gewachsen. Das ist ja erstmal eine sehr sympathische Art und Weise finde ich - und eher nicht auf so einer „Audit-Ebene“.

Förderprogramme als Anschubhilfe

Dahlmann: Eine Frage zu dem „100 Kantinen-Programm“ - sind Sie dort vielleicht auch eingeladen worden, um ihr Konzept vorzustellen? Wenn Sie da mal ein wenig über solche Programme ausholen könnten? Von der Motivation des  Hauses und von Ihnen persönlich - wo gibt es Parameter die wichtig waren, die vielleicht auch hilfreich sind, oder wo sind sogar Hindernisse, die sich darstellen darstellen?

Voss: Diese Programme haben uns damals geholfen. Als wir 2003/ 2004 umgestiegen sind, gab es die Aktion „10 % Bio kann jeder“, es wurden auch Beratungsleistungen übernommen. Damit sind wir gestartet. Es hat hier im Haus mehrere Workshops gegeben unter anderem mit der ÖGS „Ökologischer Großküchenservice“. Dann hat es sich das bei uns sukzessive ein bisschen so wie die Dominosteine weiterentwickelt, heute bis zu einer völlig anderen Frischküche mit 30% Bioanteil. Unser Beispiel ist sicherlich in der Gesundheitsbranche eher atypisch. Für die meisten ist ja nach wie vor Essen ein Kostenfaktor - für uns ist es mittlerweile ein Imagefaktor und Wertschätzung und Leistungsfaktor.

Gutes tun und darüber sprechen

Voss: Was an der Stelle hilft, ist: a) Tue Gutes und rede darüber, also möglichst viel kund tun. Das was bei uns geht, sollte bei anderen auch gehen und sich entwickeln können. Ich bin viel unterwegs zu Vorträgen, gerade gestern noch die Exkursion der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft, heute Nachmittag dann noch mal ein Vortrag zu unseren Ernährungskonzept im Plenum, ich bin eingeladen im November von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin in Berlin. Ich glaube das ist das Geheimrezept, man muss es weitergeben, aber auch auf Augenhöhe miteinander reden: Der Küchenleiter muss mit dem Küchenleiter reden, aber auch der kaufmännisch Verantwortliche muss im kaufmännische Verantwortlichen reden.

Ein Hauptargument ist ja oft: das kostet viel zu viel. Da sag ich: macht euch mal ganz locker! Wir arbeiten unter dem gleichen finanziellen Rahmenbedingungen wie andere auch, wir bekommen keine Zuschüsse des Landschaftsverbandes, unserem Träger, wir müssen alles selbst erwirtschaften alles selbst tragen. Wir zeigen, es geht. Wir geben aufs Jahr gesehen knapp 1,8% des Jahresumsatzes von etwa 80 Millionen Euro Jahresumsatz für Lebensmittel aus. Mit 1,8% kann ich ein Krankenhaus, das in tiefroten Zahlen steckt, nicht retten. Ein Krankenhaus, das schwarze Zahlen schreibt oder plus-minus null arbeitet, fahre ich damit nicht vor die Wand. Die wahren Stellschrauben in den Einrichtungen des Gesundheitswesens sind immer die Personalkosten und nicht der Einsatz von Lebensmitteln. Ich kann aber im Bereich Spesenqualität unheimlich viel erreichen und jeder Gast, Patientin oder Patient oder auch Beschäftigte oder auch Menschen, die in unsere Pflegeeinrichtung wohnen, können die Essen-Qualität beurteilen. Und warum machen große Unternehmen draußen super Betriebsgastronomie?
Das trägt dazu bei, dass sich Mitarbeiter/ Mitarbeiterinnen wohlfühlen. Gutes Essensangebot spricht sich auch rum, das hilft auch bei der Werbung von neuen Beschäftigten und das wird leider im Krankenhausbereich noch häufig unter den Teppich gekehrt. Essen ist ein Kostenfaktor, aber die andere Seite, die muss man hervorheben!

Gutes Essen "macht was" mit der Psyche

Götz: Glauben Sie, dass Essen auch einen Einfluss auf die Genesung der Patienten haben kann? Das Essen das ja oft das einzige Highlight des Tages ist, es passiert nicht viel im Krankenhaus, das weiß jeder, und man freut sich gerade über diese kleine Abwechslung. 

Voss: Das werde ich öfter gefragt: hilft es beim schneller gesund werden und sowas. Es gibt meiner Kenntnis nach keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür. Der gesunde Menschenverstand und mein Bauchgefühl sagt mir persönlich: na klar hilft das! Ich habe das auch mal selber mitbekommen, das Essen bei einem eigenen Krankenhausaufenthalt vor Jahren war eine Katastrophe. Und das hängt - davon erzähle ich heute noch. Wenn Sie im Bett liegen, können sich nicht rühren, dann haben Sie ein Highlight am Tag: ein super leckeres Mittagessen. Das sieht klasse aus, wird appetitlich serviert und schmeckt lecker, mit super Zutaten - dann ist das einfach ein Highlight - also ich glaube da dran. Und wie gesagt wir haben seit 2007 keine Patientenbeschwerde mehr. Die meisten legen Wert auf gutes leckeres Essen und das macht auch was mit der Psyche.

Dahlmann: Ich finde, gutes Essen schmeichelt auf jeden Fall der Seele. Es würde mich aber nochmal interessieren - ich bin letzlich auch Geschäftsführer und muss ich mich mit Zahlen beschäftigen: Sie erwähnten die 1,8% - bezogen auf den Rohwaren-Einsatz? Wie sind da die Vergleichszahlen in anderen Häusern?

Reduzierung des "Kostenfaktors Lebensmittelverschwendung" als Teil des Konzepts


Voss: Es wird sich wahrscheinlich bei den meisten Krankenhäusern zwischen 1,6 -1,8 -1,9% bewegen. Krankenhäuser in der Bundesrepublik arbeiten meist mit dem Wareneinsatz alles inkludiert Frühstück, Mittag, Abendessen, Getränke und so weiter. Die günstigsten liegen so bei 3,30 € Wareneinsatz pro Tag. Es gibt welche, die gehen bis 8,50 € - 9 €. Das sind absolute „Exoten“. Wir haben aktuellen einen Wareneinsatz von 6,27 € pro Tag, damit sind wir im Krankenhausumfeld im oberen Drittel.
Man muss fairerweise sagen: das ist dennoch ein Niveau nur knapp über dem Lebensmittelsatz bei HartzIV oder Bürgergeld. Wir erwarten von unserer Küchenleitung da also schon eine Menge, dafür ein gutes Essen auf den Tisch zu stellen. Und eins ist völlig klar: ein Küchenleiter, dem sein Krankenhaus 3,50 € gibt, kann keine vernünftige Qualität auf den Tisch bringen. Da kann man nur mit Convenienceprodukten und Billigfleisch arbeiten. 
Und ein wichtiger Punkt, wo man etwas tun muss: wir arbeiten daran, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Wir haben an einem Projekt mit der Fachhochschule teilgenommen und unsere Lebensmittelverschwendung drastisch reduzieren können. Wir waren unter anderem ja auch nominiert für den Bundespreis „Zu gut für die Tonne“: was wir nicht mehr wegschmeißen, mussten wir vorher nicht einkaufen - das heißt wir sparen damit richtig Geld. Wir haben es von der Fachhochschule mal berechnen lassen: es sind mittlerweile so 45.000 € im Jahr. Die hat die Küchenleitung natürlich frei, um bessere Lebensmittel einzukaufen.

Kostendebatte: Geringer finanzieller Spielraum

Götz: Wie sieht Ihre Zusammenarbeit da mit den Krankenkassen aus? Gibt es da Unterstützung? Die Krankenkassen werben ja auch nicht zuletzt im eigenen Interesse dafür, sich „gesund“ zu ernähren.

Voss: Wir haben dazu ja bei den Budgetverhandlungen Kontakt mit den Krankenkasse, und sie finden das auch richtig gut, was wir machen, genießen es auch selber, wenn wir hier die Budgetverhandlungen in Präsenz haben, und sind immer begeistert, was für tolles Essen wir anbieten können. Sie könnten sich durchaus vorstellen, sowas zu honorieren. Sie dürfen es aber einfach nicht - es gibt ja da klare rechtliche Vorgaben. Aus meiner Sicht wäre die Bundespolitik gefordert, an der Stelle ein Signal zu setzen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine höhere Qualität zu schaffen. Wir müssen es aber aus dem zur Verfügung gestellten Budget selbst verantworten. Uns ist es wichtig, deswegen tut wir das. Anderen ist es nicht wichtig, die tun es dann eben nicht. Aber die höhere Qualität wird uns durch die Leistungsträger nicht finanziell honoriert.

Dahlmann: Letztendlich würden Sie sich das aus der Politik aber schon wünschen? Aber ist es denn überhaupt realistisch - bei den ganzen Debatten um die Kosten?'

Viel Bewegung in Bereich „gesunde Ernährung“ auf vielen Ebenen

Voss: Wenn Sie mich ganz ehrlich fragen: in der aktuellen Situation ist das ein Wunsch, von dem ich aber nicht glaube, dass der in den nächsten Jahren realisiert wird. Ich glaube eher, dass die Politik an anderer Stelle noch mal versuchen wird, Stellschrauben zu drehen: Im Moment ist in der Diskussion ist eine feste Bioquote in der öffentlichen Hand - um mal ein Beispiel zu nennen. Es gibt Diskussion darüber, ob man so Leitplanken einfügt, Speisepläne nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auszurichten - oder eben alternativ dazu die „Planetary Health Diet“, jetzt was ja gerade über die Lancet Studie aus Großbritannien kommt. Also - da wird sich etwas bewegen. Aber dass man sagt, das bezahlen wir Euch noch drauf - das ist wohl nicht realistisch. Was mich insgesamt optimistisch stimmt: in dem Bereich ist im Moment so viel in Bewegung wie ich es in meinen 25 Jahren Erfahrung noch nicht erlebt habe: im Bundesumweltministerium, im Bundesgesundheitsministerium im Bundeswirtschaftsministerium aus den verschiedenen Verbänden, es gibt viele NGOs, die sich zusammengeschlossen haben. Es gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin, die mit anderen Gesellschaften noch mal hingewiesen hat auf das Thema Ernährung im Krankenhaus, Mangelernährung und so weiter. Es gibt zunehmend Ernährungsräte in den Kommunen, es gibt zunehmend Ökomodellregionen und so weiter. Und über die Veränderung der Rahmenbedingungen wird sich auch noch was bewegen. Ich glaube, da ist im Moment eine Chance, einiges auf die Reise zu schicken.

Klimawandel und Fleischkonsum versus Kulturgut Nutztierhaltung

Dahlmann: Ich stecke in den einzelnen Initiativen letzendlich zu wenig drin, habe aber ab und zu den Eindruck, dass es bei einigen Initiativen schnell in Richtung vegan/ vegetarisch geht. Ich sehe oft große Schwierigkeiten, Menschen die berechtigterweise auf Klimawandel und andere bedrohlichen Szenarien hinweisen und sofort am Fleischkonsum schrauben wollen, landwirtschaftliche Inhalte zu vermitteln. Eine Landwirtschaft ohne Nutztierhaltung ist zwar möglich und denkbar, aber dann verändert sich auf der anderen Seite vieles, was wir uns zum Teil gar nicht vorstellen können. Und das muss nicht unbedingt positiv sein ...

Voss: Deutschland ist ja auch eine Kulturlandschaft die durch landwirtschaftliche Betriebe unterschiedlichster Art geprägt wird und ich gebe Ihnen Recht, Herr Dahlmann, das sind schwierige Diskussionen, die muss man führen und aushalten. Wenn wir wollen, dass unsere Kulturlandschaft halbwegs so erhalten bleibt, dann gehört völlig unverzichtbar auch eine Nutztierhaltung mit dazu. Allerdings sollte diese Nutztierhaltung eben nicht die industrielle Massentierhaltung sein mit riesigen Schweinemastställen, 30.000, 40.000 Tiere - was man da im Osten teilweise erlebt, sondern eine andere Art der Nutztierhaltung, aber für mich gehört sie eindeutig mit dazu. Ich kenne solche Diskussionen selber auch: ich bin neulich nach einem Vortrag für „KLUG“, die Aktion „Klimawandel und Gesundheit“, das sind vor allem Mediziner, gefragt worden: warum machen Sie nicht einfach 7 Tage die Woche vegetarisch/ vegan und schmeißen Fleisch doch komplett raus, dann sind Sie doch auf der sicheren Seite.
Ich sage: ne - ich will niemanden bevormunden, jeder der hier Fleisch essen möchte soll in der Woche auch mehrfach die Gelegenheit haben Fleisch zu essen. Ich werde auch niemandem die Wurst verbieten: wer eine Wurst essen möchte soll das bitteschön doch auch tun. Trotzdem möchte ich auch werben - auch - für die vegetarischen/ veganen Angebote, die wir haben. Und die Mischung macht's. Ich bin ein großer Freund von: „Alles in Maßen“. Und für mich gehört nicht nur was das Essen angeht, sondern auch auch was die deutsche Kulturlandschaft angeht Nutztierhaltung völlig klar mit dazu.

Komplexe Anforderungen an die Lieferketten

Dahlmann: Da sind wir sicherlich auf einer Wellenlänge. Aus unserer unserer Perspektive ist es aber auch zunehmend die Frage - und ich finde das als kleiner Mittelständler nicht einfach - wie wollen wir uns da strategisch und strukturell aufstellen? Wollen wir auch Vegan/ Vegetarisches anbieten? Wir sind im Bereich Biofleisch Komplettanbieter, also Schwein, Rind, Geflügel, Lamm. Wir werden von den Kostenstrukturen mit anderen Playern teilweise nicht mithalten können - diesen Kampf werden wir auch nicht starten. Auch um unter diesem Aspekt ein „rundes“ Programm zu haben: gehört heutzutage dazu auch vegan/ vegetarisch? Ich würde es schon fast als beantwortet sehen: Ja - aber dann muss es auch gut gemacht sein und zum Portfolio passen. Gerade im vegan/ vegetarischen Bereich sind aber viele Sachen unterwegs, die eher einen industriellen Character haben. 

Voss: Ich beobachte wirklich voller Interesse den Hype z.B. um die Rügenwalder Mühle, die sich auf diesen Weg gemacht haben. Ich muss auch zugestehen, vieles davon schmeckt wirklich gut. Aber wenn ich die Packung umdrehe und mir hinten die Zutatenliste angucke, da kann einem manchmal auch schon schummrig werden. Also, ich glaube, um „Ersatzprodukte“ ganz drumherum kommen wird man nicht, es gibt aber vielleicht auch noch einen Zwischenweg. Wir experimentieren im Moment intensiv z.B. mit dem Thema Lupine. Mein stellvertretender Küchenleiter kommt vom Studierendenwerk in Osnabrück, und hat gerade seine Qualifikation zum diätetisch geschulte Koch gemacht. Er wollte mal schauen, ob es nicht gelingt einen „Klima-Klops“ zu entwickeln, hat angefangen mit Königsberger Klopsen und gesagt, ich möchte mal gucken, ob der Fleischanteil nicht deutlich zu reduzieren ist. Er hat mittlerweile eine Rezeptur für sich entwickelt, ist allerdings wieder weg von der Lupine, weil die extrem schwierig zu verarbeiten ist und nach gar nichts schmeckt. Er hat mit Champignonmus gearbeitet, mit weiße Bohnenmus und Sojaschrot und mittlerweile eine wirklich gute Mischung gefunden für Frikadellen mit einem Fleischanteil von nur noch 30%, auch sensorisch wirklich super. Ich hatte Küchenleiter hier, die fanden sie von der Konsistenz und von Mundgefühl besser als den reinen Fleischklops, den sie parallel dazu probiert haben. An der Stelle wird auch noch einiges drin sein. Aber man muss immer gucken - auch beim Thema Biofleisch - wo verzettele ich mich möglicherweise irgendwann als Unternehmen.

Dahlmann: Auf jeden Fall. Man muss auch bedenken: man hat es immerhin noch mit Metzgern zu tun! Was Sie eben ansprachen: wichtig ist, auf Augenhöhe miteinander zu reden, Probleme ansprechen, deuten und daraus seine Konsequenzen ziehen. Aber die Frage ist für mich auch konkret: was erwarten Sie von uns als Biofleischanbieter? Fänden Sie es attraktiv, wenn die Biofleisch NRW etwas Vegan/ Vegetarisches anbieten könnte? 

Voss: Von Biofleisch NRW - der Name sagts ja - würde ich persönlich erwarten: „Schuster, bleib bei deinem Leisten“. Ich persönlich würde von Biofleisch NRW jetzt nicht erwarten, uns noch vegetarische oder vegane Alternativen anzubieten. Diese vegetarisch/ veganen Ersatzprodukt, die Analogprodukte sind zu Fleisch, sowas setzen wir zum Beispiel gar nicht ein. Es gibt so tolle vegetarische vegane Küche ohne diese „Ersatz-Angebote“, die letztendlich viel leckerer sind. Ein Freund von mir, Koch in der Buchinger Fastenklinik, sagt: "lass uns mal in die arabische, indische Küche gucken - was gibt's da für traumhafte leckere Gerichte. Die adaptiert man ein kleines bisschen auf den europäischen/ deutschen Geschmack und hat mit kleinem Aufwand super Gerichte dabei, da müßt ihr keine Fleischersatz-Produkte einsetzen". Der Fleischesser greift wahrscheinlich sowieso nicht zum Fleischersatzprodukt - und dem anderen schmeckts viel besser, wenn er etwas richtig gutes Vegetarisch, Veganes bekommt. Richtig gutes Bio-Fleisch von Top Erzeugern aus der Region, das ist das was ich von Biofleisch NRW erwarte.

Dahlmann: Ja, so gehen auch unsere Diskussion hier.
Voss: Kann ich mir vorstellen

Krieg und Krisen: Kostenstruktur bringt Bio unter Druck

Dahlmann: Ich möchte noch einmal zu dem Politischen kommen: seit dem Ukrainekrieg verändert sich doch einiges gewaltig. Zeitweilig hatte ich Sorge, dass bestimmte Biostrukturen durch die Kostenstrukturentwicklung einfach unter die Räder kommen, und auch die durch die Regierung postulierten Ziele „30 % Bio“ komplett konterkariert werden. Obwohl ich auch schon vor zwei Jahren dieses - politische - Ziel eher kontraproduktiv fand. Wenn man z.B eine Politiker*in fragt, wo sie sinnvolle Schritte sieht, um den Bioanteil zu erhöhen, dann kommt schnell: wir werden noch einiges in der Außer-Haus-Verpflegung machen. Ganz Konkretes bekomme ich da aber eigentlich nicht mit. Passiert da denn etwas? Weil Sie näher dran sind: was bekommen Sie da mit, was ist sinnvoll, was ist nicht sinnvoll oder wünschenswert aus Ihrer Erfahrung?

Bio nicht zwangsläufig "teurer"


Voss: Wo wir gerade auch über die Kostenstrukturen sprechen - das ist ja ein Phänomen. Während der Corona Pandemie haben viele die lokalen Versorgungsstrukturen schätzen gelernt, auch im Lebensmittelbereich: Lebensmittel direkt vom Landwirt gerne auch in Bio-Qualität. Dann sind jetzt durch den Ukrainekrieg teilweise auch die Nahrungsmittel viel teurer geworden. Aber - dass muss man wirklich betonen - die konventionellen Lebensmittel entschieden stärker als die Bio-Lebensmittel!Trotzdem greift der Verbraucher häufig zu den konventionellen Lebensmitteln und sagt, "Bio ist mir zu teuer". Und das ist völliger Quatsch. Bei uns hier habe ich auf einmal irritiert festgestellt, der Bio Anteil in Prozenten gesunken ist. Woran hats gelegen? Nicht daran, dass wir weniger davon einkaufen, sondern dass konventionelle Anteil im Verhältnis so viel teurer wurde. So ein schlichter Zusammenhang. 

Chancen für "Bio" in der Außer-Haus Verpflegung

Bei der Entwicklung des Bio Angebotes auch auf der Erzeugerseite liegt für mich der Schlüssel eindeutig in der Außer-Haus-Verpflegung. Im Konsumenten-Bereich haben wir inzwischen neben dem Bio-Einzelhandel bereits auch die großen Handelsketten mit ihren eigenen Bioschienen, die mit Erzeuger-Verbänden zusammenarbeiten. In der Außer-Haus-Verpflegung werden aber jeden Tag viele Millionen Essen jeden Tag über den Tresen gereicht werden. Diesen großen Hebel muss man nutzen. Das wird in der Politik im Moment auch wirklich intensiv diskutiert. Es gibt zum Beispiel das lockere Bündnis „Erna - Ernährungswende anpacken“, wo völlig unterschiedliche NGOs und Bereiche vertreten sind - auch große Verbände, - die über diesen lockeren Zusammenschluss versuchen, ins Gespräch zu kommen - auch mit den Ministerien. Da müssen die verschiedenen Akteure auf politischer Ebene gut zusammenarbeiten. Und Sie haben es gerade angesprochen: einfach nur zu sagen, wir machen jetzt mal 30% Bio, ist nicht der Schlüssel. Man kann nicht nur das Ende der Kette betrachten: wenn jede Kantine 30 % Bio machen soll, muss es auch die Erzeuger geben, die 30 % Bio zur Verfügung stellen können - und dazwischen noch die Verarbeiter, Veredler und so weiter. Die Erzeuger, die Landwirte und alle in der Kette dazwischen brauchen natürlich entsprechend verlässliche Partner. Das heißt, die gesamte Lieferkette muss Schritt halten können und sich parallel entwickeln. Es gibt im Moment hinter den Kulissen viele Gespräche viele Initiativen. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass sich da ein bisschen was bewegen wird.

Leute mitnehmen - Akzeptanz durch Kommuniaktion auf Augenhöhe

Dahlmann: Aber letztendlich ist ja auch immer die Erfahrung, mit der Sie als verantwortliche kaufmännische Leitung Dinge überzeugend transportieren können. Genau das ist letztendlich wichtig: die Umsetzung! Wenn Leute etwas gar nicht wollen, stimmen sie mit dem Füßen ab. Dann muss ich halt auch auch von der politischen Seite Programme anbieten, die die Mitarbeitenden schulen, auch um eine Sensibilität zu entwickeln gegenüber anderen neuen Lebensmittel. Vieles ist ja schon passiert - vieles ist deswegen auch nicht falsch, aber es muss anscheinend auch in einigen Punkten noch mal andere Wege geben. Passiert in dieser Richtung etwas? Ich könnte mir vorstellen, Sie werden über die Jahrzehnte dann oft einfach persönlich in die Bütt gegangen sein? Und es muss ja auch gewährleistet sein, dass innerhalb Ihrer Verantwortlichkeit alles transportiert wird, Informationsfluss da ist, um Verständnis zu entwickeln, damit Leute dahinter stehen können, und dass nicht nur einfach etwas „vorgesetzt“ wird. Gibt oder gab es da irgendwelche Angebote?

Voss: Also ein bisschen bedaure ich an der Stelle immer das föderale System der Bundesrepublik. Es hat auf der einen Seite viele Vorteile aber dadurch, dass wir unterschiedliche Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen haben, bremst das manchmal ein bisschen. Es laufen viele Initaitiven auch total parallel. Wenn man das mal alles bündeln könnte, wäre unheimlich viel gewonnen. Es gibt einiges an Initiativen, z.B. vom Bund diese Initiative „Bio bitte“. Es gibt die „Zukunftsinitiative ökologischer Landbau“, die gerade noch mal aktiv angeschoben wird, ich war auch auf der BioFach und habe da Zwischenergebnisse vorgestellt. Es gibt vom Land Nordrhein-Westfalen jetzt eine große Initiativen “NRW kocht mit Bio“ - um mal so ein Beispiel zu nennen. Ich glaube auch, dass diese Aktionsprogramme in eine weitere Runde gehen. Ich denke schon, dass „Steter Tropfen höhlt den Stein“ einiges bewirken kann. Neben diesen öffentlich geförderten Programmen gibt's ja auch ehrenamtliche Initiativen. Ich erinnere da an das Bio Mentoren Netzwerk. Das sind Verantwortliche aus der Verpflegungsbranche, die sich dem Thema Bio Lebensmittel verschrieben haben, oder die „Riebe AHV“, die Betriebe sozusagen finanziell fördern will, die auf Bio umsteigen oder ihre Bio-Quote erhöhen wollen, die auch mit Beratungsleistungen finanziell unterstützt werden.
Es sind schon gute Programme auf dem Mark. Ich glaube nur - das hatte ich auch bereits in den Ministerien gesagt - dafür nochmal die Werbetrommel zu rühren, wäre wichtig über das reine Förderprogrammen hinaus.

Beispiel Bioumstellung als Qualitätsoffensive: „Macht Euch auf den Weg - es geht!“

Dahlmann: Herr Voss, haben Sie noch irgendetwas ganz Konkretes, was Ihnen total am Herzen liegt - auch direkt an Biofleisch NRW, vielleicht aus dem praktischen Kontext? 

Voss: Aus dem praktischen Kontext heraus: also für uns selbst ist diese Umstellung auf Bio zu einer absoluten Qualitätsoffensive geworden. Wir sind mit unserer Lieferanten - auch mit Biofleisch NRW - super zufrieden, der Kontakt läuft gut, da gibts überhaupt nichts, was ich Ihnen mit auf den Weg geben wollte. 
Was mir aber immer wichtig ist als Botschaft an andere: macht euch doch mal auf dem Weg - unser Beispiel zeigt: es geht. Guckt einfach mal über den Tellerrand - unsere Küche ist immer gerne offen, wenn jemand Erfahrung sammeln möchte. Ich habe auch schon mehrere Krankenhäuser hier gehabt, die sich das angeguckt haben. Was mich persönlich riesig freut, dass es gelungen ist jetzt noch mal andere LWL Kliniken zu bewegen, umzusteigen auch in Richtung Biofleisch NRW. Ich habe mal irgendwann den Spruch geprägt: „Wir kriegen sie alle früher oder später“.

Dahlmann: Ja, das hoffe ich auch. Die Ernährungswende ist sicherlich vielschichtig. Dass wir gesamtgesellschaftich derzeit komplexe, schwierige Themen haben, ist auch deutlich. Auch wenn das „Nach vorne Gehen“ mir persönlich oft viel zu langsam ist, muss man doch im Hinterkopf behalten, dass man Menschen dabei mitnehmen muss. Und: es kann auch schnell wieder in eine andere Richtung kippen. Das darf man nicht so ganz außen vor lassen.

Auszeichnungen als wichtige Motivation und Anerkennung der Arbeit des Teams

Dahlmann: Ein wenig war der Grund oder Anlass für das Gespräch ja die Nominierung zum Ursula-Hudson-Preis kürzlich. Ich möchte abschließend doch nochmal fragen: ist das für Sie wichtig - solche Auszeichnungen? Antrieb, Bestätigung?

Voss: Also mit der Küche sind wir ja mehrfach ausgezeichnet worden, das ist für die Küchenmannschaft ausgesprochen wichtig und eine super Bestätigung, für das was wir tun. Für mich persönlich war die Nominierung für den Ursula-Hudson-Preis von Slowfood Deutschland tatsächlich nochmal etwas Besonderes. Mal innehalten und zurückblicken - wie wir es ja gerade auch gemacht haben: was hast Du eigentlich so gemacht in den letzten 20, 25 Jahren, was diesen Bereich angeht. Ich hatte dafür ja eine Bewerbungsmappe eingereicht - als ich sie nochmal durchgeschaut habe, dachte ich schon: kannst am Ende Deines Berufslebens in den Spiegel gucken, hast eine Menge erreicht. Es hat mich sehr bewegt, dass ich unter den vielen Bewerberinnen und Bewerbern tatsächlich unter den vier Nominierten gelandet bin. Gerade diese Nominierung war für mich tatsächlich noch mal eine besondere Anerkennung für das, was ich die letzten Jahren zusammen mit meinem Team auf die Füße gestellt habe: hast viel richtig gemacht, hättest noch mehr machen können ....
Ich bin zufrieden, mit dem, was wir in all den Jahren erreicht haben. Und dass das nochmal von einem 5-köpfigen Kuratorium zum Abschluss meiner beruflichen Laufbahn - ich gehe nächstes Jahr in den Ruhestand - so wertgeschätzt wurde, ist eine total schöne, richtig runde Bestätigung.

Dahlmann: Dazu auch nochmal ganz herzlichen Glückwunsch von der Biofleisch NRW.

Voss: Danke schön!

Dahlmann: So kann man so ein Gespräch beginnen, aber man kann es natülich auch so beenden. Ja, also genau empfinde ich das auch - das ist eine runde Sache und ich bedanke mich nochmal herzlich für das Gespräch, Herr Voss.

 

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